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Traumakonfrontation
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Traumakonfrontation

In den folgenden Wochen und Monaten erzählte ich meiner Therapeutin so nach und nach die ganze Geschichte des Missbrauchs. Es war eine sehr harte Zeit für mich, wir haben in den einzelnen Stunden sehr intensiv gearbeitet. Ich fand meinen eigenen Rhythmus und wusste auf einmal, welches Thema für mich grad "dran" war. Ich ließ mir alle Zeit der Welt und meine Therapeutin gab mir auch diese Zeit. Sie hat mich zu nichts gedrängt und ich konnte so erzählen, wie es für mich passte. Oft gab es auch Stunden, in denen wir über ganz andere Dinge geredet haben, bis wir den Missbrauch wieder thematisierten.

Neben den Geschehnissen von damals standen auch immer wieder meine Gefühle im Vordergrund. Ganz stark waren da z.B. die Schuldgefühle, das Gefühl der Hilflosigkeit, des sich nicht wehren können. Am schlimmsten jedoch war die Angst vor diesen Gefühlen. Diese Angst war es auch, die mich bisher gehindert hatte den Missbrauch genauer zu besprechen. Die Angst, das alles nicht aushalten zu können, die Angst an dem Schmerz zu zerbrechen. Mein Ziel war es, irgendwann sagen zu können, dass ich nicht schuld dran war, dass ganz allein er die Verantwortung getragen hat. Doch das Schuldgefühl hat mir auch einen gewissen Schutz gegeben, so musste ich mich wenigstens nicht hilflos fühlen.

In dieser Zeit spielten auch meine inneren Anteile eine ganz große Rolle. Inzwischen hatten wir im Inneren ein gut funktionierens Haus errichtet, in dem jeder Anteil seinen Bereich hatte. Für die ganz dunklen Anteile gab es extra Kellerräume, so dass sie sicher weggesperrt werden konnten. Immer wieder meldeten sich Anteile auch in der Therapie zu Wort und meine Therapeutin konnte recht gut damit umgehen. Und es gab ihr zusätzliche Einblicke in meine Gedanken und Gefühle.

Immer wieder kamen mir Zweifel darüber, was meine Therapeutin wohl über mich denken würde. Ich erzählte ihr so viele verrückte Sachen, Dinge die mich aktuell beschäftigten, die aber mit den Erlebnissen des Missbrauchs zusammenhingen. Irgendwann, nach schier endlosen Gesprächen, merkte ich dann aber, dass ich ihr wirklich alles erzählen kann, dass mir nichts peinlich sein muss. Das war gut zu wissen und machte alles etwas einfacher. Das Thema an sich war ja schon schwierig genug gewesen und ich schämte mich oft für meine Gedanken und Gefühle. Meine Therapeutin versicherte mir aber immer wieder, dass sie an meiner Seite stehen und mich auf diesem schwierigen Weg begleiten wird. Das gab mir einiges an Sicherheit um weiterhin mit ihr an diesen schwierigen Themen zu arbeiten.

Im April 2010 hatte ich es dann endlich geschafft, meiner Therapeutin die ganze Geschichte des Missbrauchs durch meinen Trainer zu erzählen. Alles in allem hat dies ein gutes halbes Jahr gedauert und es war gut, dass ich so viel Zeit dafür hatte. Nun wusste sie also alles und wir konnten uns an einen weiteren wichtigen Teil wagen - die Schuldfrage.

 

geschrieben am 23.10.12